Entwicklung, Grundlagen, Praxis und Kritik am NLP für den Coaching-Bereich sind auf dieser Seite die Themen – u.a. wird auch ein idealtypischer Coaching-Verlauf in sieben Phasen beschrieben. |
Inhaltsverzeichnis
- Name und Definition
- Anfänge, Ursprünge und Quellen
- Entwicklung und bedeutende Richtungen
- Fragestellungen
- Grundlagen
- Analyse- und Lösungsstrategien
- Einsatz innerhalb anderer Coachingschulen
- Kritik
- Literaturhinweise
1. Name und Definition
Dieser Artikel beschreibt das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) mit dem Schwerpunkt seiner Coaching relevanten Elemente.
Einer der Begründer des NLP (Richard Bandler) schrieb 1985 in seinem Buch „Using Your Brain – for a Change“:
„Neuro-Linguistisches Programmieren ist ein Begriff, den ich erfunden hatte, um zu vermeiden, dass ich mich auf diesem oder jenem Gebiet spezialisieren müsste.“
Mit anderen Worten: es existiert keine einheitliche und schon gar keine wirklich sinnvolle Definition des Namens „NLP“. Im deutschsprachigen Raum empfinden viele Menschen den Namen zudem oftmals als abstoßend, weckt er doch rasch Manipulations-Assoziationen. Einige Vertreter, so auch ich selbst, sprechen daher lieber von Neuro-Linguistischer Prozessbegleitung, was dem im Coaching sinnvoll vertretbaren Einsatz von NLP deutlich näher kommt.
Im gleichen Buch schreibt Bandler: „Obwohl viele Psychologen und Sozialarbeiter NLP verwenden, um das zu tun, was sie „Therapie“ nennen, denke ich, dass es angemessener ist, NLP als lernpädagogischen Prozess zu bezeichnen. Im Grunde genommen entwickeln wir Methoden, um Menschen beizubringen, wie sie ihr eigenes Gehirn nutzen können.“
Neben diesem Schwerpunkt der vor allem von Bandler forcierten Richtung des NLP beinhaltet es auf Basis seines konstruktivistisch-humanistischem Weltbildes eine Fülle von Möglichkeiten für die lösungsorientierte Prozessbegleitung und die Kommunikations- und Beziehungsgestaltung zwischen Coach und Coachee (=Klient).
2. Anfänge, Ursprünge und Quellen
Die Entwicklung des NLP begann Anfang der 70er Jahre in den USA. Der damalige Mathematik-Student Richard Bandler und der junge Linguistik-Dozent John Grinder wollten herausfinden, was besonders erfolgreiche Therapeuten (unterschiedlicher therapeutischer Schulen) anders und besser machten als die weniger erfolgreichen. Sehr genau beobachteten und analysierten sie hierzu zunächst das therapeutische Vorgehen von vier damals wie heute sehr bekannten Psychotherapeuten und Forschern:
- Virginia Satir, Begründerin der system- und entwicklungsorientierten Familientherapie
- Milton Erickson, Begründer der modernen Hypnotherapie
- Fritz Perls, Begründer der Gestalttherapie
- Gregory Bateson, Anthropologe, Systemtheoretiker und Systemtherapeut
Dabei entdeckten sie zahlreiche, zum Teil sehr subtile Verhaltensmuster und Besonderheiten dieser Therapeuten, die diesen selbst gar nicht bewusst waren und von daher auch in keinem ihrer Lehrbücher geschrieben standen. Neben dem Inhalt der von den Therapeuten gesprochenen Sätze und Fragen spielten vor allem auch die Art, wann und wie sie es sagten (also mit welchem Tonfall, mit welchem Körperausdruck, mit welcher Mimik und Gestik, in welchem räumlichen Abstand und Winkel zum Klienten etc.) eine große Rolle.
Anders als die meisten Forscher, die sich mit dem bloßen Erforschen begnügen, anderen dann aber die Praxis überlassen, probierten Bandler und Grinder alles gerade Entdeckte sofort im studentischen Umfeld selbst aus. Das was davon erfolgreich war, entwickelten sie weiter und brachten es auch anderen professionellen Helfern bei. Rasch bildete sich um Bandler und Grinder ein Netzwerk von begabten Schülern. Einzeln und zusammen beobachteten und analysierten sie weitere Therapeuten, aber auch andere besonders begabte Menschen ihres jeweiligen Fachgebietes: u.a. Künstler, Lehrer und Manager, aber auch Privatpersonen, denen irgendetwas besonders gut gelungen war; die z.B. eine schwere Krankheit oder eine Phobie erfolgreich überwunden hatten.
Das hierfür angewandte Forschungs-, Erprobungs- und Weiterentwicklungsverfahren nannten sie „Modeling“ – eine sehr präzise, bewusst-reflektierende Form des sonst eher unbewusst stattfindenden Modell-Lernens, das Albert Bandura bereits ab 1960 definiert hatte. Ein Modeling im Sinne des NLP verläuft in mehren Phasen:
- Bestimmung der Fähigkeit, die modelliert werden soll.
- Auswahl von wenigstens drei (vom Typ her möglichst unterschiedlichen) Modell-Personen, die alle über die gewünschte Fähigkeit verfügen.
- Genaue systematische Beobachtung und Befragung der Modellpersonen im Hinblick auf die gewünschte Fähigkeit.
- Ableitung grundlegender Regeln, Verhaltens- und Kognitionsmuster, die die gewünschte Fähigkeit ermöglichen. Dies geschieht auf Basis dessen, was bei allen drei Modellpersonen gleich oder ähnlich ist, im Kontrast zu Menschen, die über diese Fähigkeit nicht verfügen.
- Überprüfung der Wirksamkeit der Modeling-Ergebnisse durch eigenes Ausprobieren der herausgearbeiteten Verhaltens- und Kognitionsmuster.
- Ist so die gewünschte Fähigkeit noch nicht reproduzierbar, wird in verfeinerter Form, ggf. auch mit zusätzlichen Modell-Personen weiter modelliert.
Mit der Theoriebildung nahmen es Bandler und Grinder beim NLP nicht sehr genau. Aufgrund seines subjektivistisch-pragmatischen Ansatzes erscheint dieses einerseits auch folgerichtig, andererseits führte es aber auch dazu, dass NLP im universitären Rahmen bis heute nur sehr eingeschränkt Anerkennung gefunden hat. Sinngemäß sagen Bandler und Grinder immer wieder: „Wir wollen herausfinden was nützlich und hilfreich ist – das Warum interessiert uns nicht wirklich, weil wir eh davon ausgehen, dass es keine objektiv gültigen Wirkzusammenhänge und Erklärungsansätze gibt.“
Nichts desto trotz werden in der NLP-Literatur immer wieder auch Wissenschaftsrichtungen erwähnt, auf die sich seine Ideen und seine Praxis stützen. Die folgende Auflistung kursiert auf diversen Internetseiten (u.a. auf Wikipedia am 19.07.09) in jeweils nur leicht abgewandelter Form (ohne dass ich den genauen Autor ausfindig hätte machen können):
- Die auf William James zurückgehende Theorie der sinnesspezifischen Repräsentationssysteme als Grundbausteine der kognitiven Informationsverarbeitung und des subjektiven Erlebens.
- Die Klassische Konditionierung Pawlows, im NLP in präzisierter Form Ankern genannt.
- Die Kybernetik der Theorie des Geistes von Gregory Bateson und der Unified Field Theory als NLP-Weiterentwicklung von Robert Dilts.
- Das Modell einer grundsätzlichen Zielorientierung menschlichen Handelns von Miller, Galanter und Pribram.
- Die Transformationsgrammatik von Noam Chomsky und das darauf aufbauende und unter dem Einfluss der Postulate von Alfred Korzybski („Die Landkarte ist nicht das Territorium, das sie abbildet.“) durch Bandler und Grinder weiterentwickelte sog. Meta-Modell der Sprache.
- Die sozial-kognitive Lerntheorie des Modell-Lernens von Albert Bandura mit dem von Bandler und Grinder weiterentwickelten Modeling-Ansatz.
- Der Konstruktivismus von Ernst von Glaserfeld mit der Grundidee, dass Wissen, Erkenntnisse und Zusammenhänge für den Menschen nur als subjektives Konstrukt existieren.
3. Entwicklung und bedeutende Richtungen
Richard Bandler und John Grinder veröffentlichen zwischen 1975 und 1982 acht gemeinsame Bücher, in denen sie die Grundlagen des NLP ausführlich (aber auch recht unsystematisch, zum Teil in Form von Workshop-Transkripten) in lebendiger, humorvoller und provokativer Weise darstellten.
Zu den wichtigsten Co- und Weiterentwicklern des NLP zählen vor allem die folgenden Schüler von Bandler und Grinder. Alle haben eigene Veröffentlichungen:
- Robert Dilts – Aufdecken und Beeinflussen kognitiver Strategien sowie Arbeit mit einschränkenden Glaubenssätzen
- Judith DeLozier – Arbeit mit mentalen Wahrnehmungspositionen
- Leslie Cameron-Bandler – Struktur und Beeinflussung von Emotionen
- David Gordon – Konstruktion und Einsatz von Metaphern
- Stephen Gilligan – Trance und Hypnose
- Steve und Connirae Andreas – Emotionsbeeinflussender Einsatz von visuellen und auditiven Feinunterscheidungen (Submodalitäten genannt) innerhalb kognitiver Strategien
Anfang der 80er Jahre trennten sich die Wege von Bandler und Grinder aufgrund von Meinungsverschiedenheiten. Diese Zeit gilt gleichzeitig bereits als Ende der kreativsten Entwicklungsphase des NLP.
Bandler entwickelte nach der Trennung vor allem das NLP originäre Submodalitäten-Konzept (und mehrere unter anderen Namen mit Copyright geschützte Varianten):
Unter Submodalitäten werden die formal-qualitativen Feinunterscheidungen innerhalb jeder Sinnesmodalität verstanden (z.B. heller oder dunkler, größer oder kleiner in der visuellen, lauter oder leiser in der auditiven Modalität). Dabei wird u.a. postuliert, dass durch die bewusste Veränderung visueller und/oder auditiver Submodalitäten von Vorstellungen, die ihrerseits über Synästhesien mit emotionalen Zuständen verknüpft sind, solche Zustände abgeschwächt, verstärkt und/oder gänzlich verändert werden können, selbst wenn der Inhalt der Vorstellung (beispielsweise eine unangenehme Erinnerung) konstant beibehalten wird.
Mindestens ebenso emotionsrelevant wie die Inhalte einer mentalen Vorstellung gelten demnach ihre Submodalitäten. Mit Hilfe gezielter submodaler Veränderungen sollen (oftmals innerhalb kürzester Zeit) u.a. Rechtschreibschwierigkeiten behoben, Unsicherheiten, Ängste und Phobien effektiv behandelt, Zwänge aufgelöst, neue gewünschte Verhaltensweisen dauerhaft eingeübt und sogar Überzeugungen verändert werden können.
Bandler und seine zahlreichen heutigen Schüler und Anhänger verstehen sich dabei weitgehend als Veränderungsmeister oder sogar Veränderungsmagier, die ohne großes Hinterfragen der Sinnhaftigkeit angestrebter Veränderungen ein rundum glückliches und erfolgreiches Leben innerhalb kürzester Zeit verheißen. Ihr Ansatz erscheint narzisstisch, egozentrisch, kontrollierend, größenwahnsinnig, wie das folgende Beispiel zeigen soll:
Im Ausbildungshandbuch „Practitioner für Neuro-Linguistisches Programmieren 2008“ des in Deutschland populären NLP-Trainers Chris Mulzer heißen Übungen für den ersten und zweiten Ausbildungstag beispielsweise „Dein Recht, in dieser Welt alles zu bekommen“ und „Design und Installation einer automatischen Positivdenkmaschine“. Am dritten Tag ist dann bereits „Lerne coachen mit dem Metamodell“ das Thema. Am siebten Tag stehen „Fortgeschrittene Hypnosetechniken“ auf dem Programm. Und am 10. und letzten Tag geht es um nichts weniger als um „Techniken zur generativen Lebensbeschleunigung“.
Dabei haben an der besagten Ausbildung (bei der es meines Wissens keinerlei Vorbildung als Teilnahme-Voraussetzung gab) wohl weit über 100 Menschen teilgenommen. So wird man quasi in 10 Tagen zum erfolgreichen Lebenskünstler, der sein Leben beliebig gestalten und beschleunigen kann, und zusätzlich noch zum Coach und Hypnotiseur ausgebildet. (Neben Mulzer gibt es etliche andere Anbieter mit ähnlichen Curricula; dass ich ihn hier raus greife, bitte ich nicht persönlich zu verstehen, es liegt vielmehr daran, dass ich sein Ausbildungsmanual hier vor mir liegen habe, was mir ein korrektes Zitieren ermöglicht.)
Diese machtorientierte Richtung des NLPs, die in Deutschland schätzungsweise etwa 1/3 der NLP-Anwender vertreten, ist meines Erachtens für ein auch nur halbwegs seriöses Coaching nicht zu gebrauchen und soll daher auch nicht weiter besprochen werden. Vertreter dieser Richtung berufen sich meistens auf Richard Bandler persönlich und werben mit Zertifikaten der „Society of Neuro-Linguistic Programming“. Der teilweise schlechte Ruf des NLPs erklärt sich durch diese Richtung von selbst. Dieses Abdriften in verführerisches Allmachtsgehabe soll auch ein wesentlicher Grund für die Trennung von Bandler und Grinder gewesen sein.
Dabei ist das Submodalitäten-Konzept durchaus interessant und wurde vor allem auch von den Psychotherapeuten Steve und Connirae Andreas in deutlich seriöserer Form eingesetzt und weiterentwickelt.
Grinder hat sich nach der Trennung längere Zeit aus dem Bereich des NLP zurückgezogen, um dann 1987 zusammen mit seiner damaligen Frau Judith DeLozier ein neues Buch („Turtles All the Way Down“) zu veröffentlichen. Hierin skizzieren sie in sehr metaphorischer Art und Weise, leider wenig präzise den sogenannten „New Code of NLP“. Dabei wird viel auf native, vor allem afrikanische Kulturen, genauso aber auch auf Carlos Castaneda Bezug genommen. Der New Code, den ich selbst bis heute nicht wirklich verstanden habe, hat im deutschsprachigen Raum wenig bis keine Anhänger gefunden, so dass ich auch auf diesen Ansatz hier nicht weiter eingehen werde.
Erwähnt sei aber, dass Grinder und DeLozier im Gegensatz zu Bandler einen durchaus seriösen Ruf haben, und auch die beiden NLP-Pioniere des deutschsprachigen Raumes, Gundl Kutschera und Thies Stahl, maßgeblich in NLP ausgebildet haben.
Robert Dilts gilt im deutschsprachigen Raum als wichtigster und seriösester Weiterentwickler des NLP. Er war einer der ersten Schüler von Bandler und Grinder. Seine Arbeit hat er in über 15 Büchern dokumentiert und zusammen mit Judith DeLozier die „Encyclopedia of Systemic Neuro-Linguistic Programming and NLP New Coding“ im Umfang von über 1500 eng beschriebenen Seiten herausgegeben. Seine Richtung nennt er „Systemisches NLP“. Dilts sieht den NLP-Anwender als Prozessbegleiter, der seinen Klienten (ohne sich inhaltlich und wertend einzumischen) dabei unterstützt, eigene Lösungen zu finden.
In Deutschland haben vor allem Thies Stahl, Gundl Kutschera und Bernd Isert zur Verbreitung und Etablierung des NLP beigetragen. Dabei hält Thies Stahl die Lehre im Sinne von Grinder und Dilts am reinsten, während Kutschera und Isert immer wieder auch in esoterischer Nähe zu finden sind. Alle drei haben eigene Weiterentwicklungen geleistet.
Als Vertreter der zweiten deutschen NLP-Generation möchte ich exemplarisch Martina Schmidt-Tanger und mich selbst nennen. Schmidt-Tanger hat (teilweise zusammen mit Stahl) mehrere, inhaltlich weiterführende Bücher über NLP im Coaching geschrieben. Ich selbst habe 1992 eine umfangreiche Dissertation „NLP & Imagination – Grundannahmen, Methoden, Möglichkeiten und Grenzen“ veröffentlicht, in der ich u.a. das gesamte verstreute NLP-Material zusammengetragen, eingeordnet und wissenschaftlich bewertet habe.
In Österreich haben vor allem Peter Schütz und Helmut Jelem mehrere umfangreiche, staatlich anerkannte NLP-Studiengänge mit universitätsnahem Charakter etabliert: zum einen für Coaching (sowie Lebens- und Sozialberatung, ein in Österreich eigenständiger Beruf), zum anderen für NLP-Psychotherapie (die in Österreich im Gegensatz zu Deutschland bereits staatlich anerkannt ist).
Der „Deutsche Verband für Neuro-Linguistisches Programmieren e.V.“(DVNLP) wurde 1996 u.a. von Thies Stahl und Gundl Kutschera gegründet und hat heute über 1500 Mitglieder. Die Ausbildungsrichtlinien des DVNLP orientieren sich weitgehend an denen von Robert Dilts, übertreffen dessen Standards teilweise noch. Eine Ausbildung bis zum Coach DVNLP muss folgenden Mindestkriterien genügen: 390 Zeitstunden Fortbildung (verteilt auf mindestens 2 ½ Jahre); dazu kommen 30 Stunden Supervision, intensive Peergruppenarbeit, 2 schriftliche Tests, 1 Hausarbeit (vor allem mit der Darstellung eines eigenen Coachingkonzeptes), 2 praktische Prüfungen sowie mindestens 3 eigene supervidierte und durch die Ausbilder beurteilte Coaching-Fälle.
Ich denke, bis hierher konnte ich deutlich machen, dass es das einheitliche NLP nicht gibt. Im der folgenden Darstellung einzelner fürs Coaching relevanter Facetten des NLP werde ich daher das u.a. von Robert Dilts, Thies Stahl und mir selbst geprägte Verständnis eines prozessbegleitenden systemischen NLPs zugrunde legen.
4. Fragestellungen
Die elementaren Fragestellungen im NLP für den Coachingbereich sind die selben Fragen, die auch ein NLP-Coach seinem Coachee stellt:
- Was ist Dein Ziel?
- Wofür ist es gut und wichtig dieses Ziel zu erreichen? Welche positiven Auswirkungen hat das Erreichen des Ziel auf Dein soziales Umfeld? Welche Deiner Werte werden bei der Zielerreichung erfüllt?
- Woran wirst Du erkennen, dass Du dieses Ziel erreicht hast?
- Was kannst Du selbst dafür tun, um dieses Ziel zu erreichen?
- Welches sind die ersten notwendigen Schritte dahin?
- Welche Nachteile könnten für Dich selbst und/oder Dein soziales Umfeld entstehen, wenn Du dieses Ziel erreichst?
- Welche Vorteile könnten für Dich selbst und/oder Dein soziales Umfeld darin liegen, dieses Ziel nicht zu erreichen?
- Wie kannst Du etwaigen Nachteilen vorbeugen, bzw. wie musst Du das Ziel hierfür verändern oder verfeinern?
- Was hindert Dich bisher noch daran, dieses Ziel zu erreichen, bzw. die ersten notwendigen Schritte in seine Richtung zu unternehmen?
- Wie kannst Du etwaige Behinderungen überwinden?
- Welche Ressourcen brauchst Du, um die notwendigen Schritte zur Zielerreichung gehen zu können? Was und wie genau musst Du tun dafür? Welche Gedanken unterstützen Dich dabei? Welche Emotionen brauchst Du? Und wie kannst Du Dir diese Emotionen zugänglich machen? Wer und in welcher Form könnte Dich dabei noch unterstützen?
- Willst Du, jetzt wo Du nach all meinen Fragen viel mehr über Dein Ziel und den Weg dahin weißt, es auch wirklich noch erreichen? (Falls „nein“: Was willst Du stattdessen, was ist also ein für Dich sinnvolleres Ziel?)
Der NLP-Coach orientiert sein eigenes Handeln u.a. an folgenden Fragen, die er sich selbst stellt:
- Wie gut ist der Kontakt (im NLP Rapport genannt) zu meinem Coachee.
- Was kann ich ggf. tun, um den Rapport zu verbessern?
- Habe ich das passende Tempo und die passende Sprache (z.B. eher abstrakt oder weniger abstrakt, metaphorisch oder sachlich) für ihn?
- Erscheinen mir die Antworten des Coachee kongruent und stimmig zu sein?
- Was kann ich tun, wenn mir etwas nicht kongruent vorkommt?
- Was kann ich meinem Coachee anbieten, damit er Zugang zu den von ihm gewünschten Ressourcen bekommt? (Das gilt vor allem für die vorher vom Coachee benannten, zur Zielerreichung notwendigen emotionalen Ressourcen, falls ihm der Zugang schwer fällt.)
5. Grundlagen
Zum besseren Verständnis der Methoden des NLP möchte ich hier zunächst sein kognitivistisch-konstruktivistisches Menschen- und Weltbild und einige damit zusammenhängende Grundannahmen vorstellen:
Grundannahmen des NLP
- Die Wirklichkeit und die Welt als solche ist für uns Menschen nicht objektiv erkennbar. Zwar empfangen wir über unsere fünf Sinne laufend Informationen aus der Außenwelt [s. (1) in Grafik], diese werden aber im Gehirn zu internen subjektiven Repräsentationen (mehr oder weniger genauen Abbildungen, sogenannten Modellen oder „Landkarten“ der Wirklichkeit) weiterverarbeitet [s. (2) in Grafik]. Was auf dem Weg zwischen Wahrnehmung und dem fertigen Modell geschieht, wird Modellbildungsprozess genannt. Der Modellbildungsprozess unterliegt zwangsläufig Tilgungs-, Verzerrungs- und Generalisierungsmechanismen. Was und wie getilgt, verzerrt und generalisiert wird, hängt einerseits von den grundsätzlichen, organisch-biologisch bedingten Möglichkeiten (und Einschränkungen) der Wahrnehmungsorgane und des Gehirns ab, andererseits von den individuellen Fähigkeiten, Erinnerungen, Werten und Glaubenssätzen (Überzeugungen) des einzelnen Menschen. Der gesamte Modellbildungsprozess kann vom Menschen nur zu einem kleinen Teil bewusst verfolgt werden, dass meiste vollzieht sich unbewusst.
- Unser Verhalten – sowohl das nach innen gerichtete [z.B. Fühlen und Denken, s. (3) in Grafik], als auch das nach außen gerichtete [z.B. Bewegen und Sprechen, s. (4) in Grafik] – ergibt sich stets aus den Modellen in unseren Köpfen, nicht etwa aufgrund dessen, was um uns herum tatsächlich passiert! Da in ein und derselben Situation jeder Mensch sein eigenes Modell entwickelt (wobei die Modelle sich bestenfalls ähneln), wird auch verständlich, warum Menschen trotz gleicher aktueller Situation häufig so unterschiedlich reagieren.
- Die Qualität eines Modells kann nicht danach beurteilt werden, wie nahe es der objektiven Wirklichkeit kommt, da diese per definitionem unbekannt bleibt. („Die Landkarte ist nicht das Territorium, das sie abbildet.“) Seine Qualität bestimmt sich vielmehr nach dem Grad der Brauchbarkeit: wie gut oder schlecht der Mensch im jeweiligen Kontext mit seinem Modell zurechtkommt (wie gut oder schlecht er den Weg zum gesuchten Ziel mit Hilfe der Karte findet). Mit wechselnden Zielen, in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen, zu verschiedenen Zeiten kann die Brauchbarkeit ein und desselben Modells von sehr nützlich bis absolut unbrauchbar schwanken.
- Nur durch eine Veränderung seiner kognitiven Modelle kann ein Mensch sein Verhalten in einer gewünschten Richtung verändern und so Einfluss auf sein Verhalten und die Welt nehmen. (Die Frage ist dabei lediglich, ob er die notwendige kognitive Veränderung bewusst oder unbewusst durchführt.)
- Jeder Mensch besitzt, da er über die grundlegenden Fähigkeiten der Modellbildung verfügt, bereits alles, was er braucht (alle Ressourcen), um seine Probleme zu lösen. Die Problemlösung besteht in der zielgerichteten Umorganisierung und Veränderung der jeweils relevanten (das Problem aufrechterhaltenden) Modelle. Dies ist möglich, sinnvoll und legitim, da Modelle ja ohnehin weder wahr noch falsch sind (s.o.).
- Menschen treffen zu jedem Zeitpunkt und in jedem Fall die beste Entscheidung, die ihnen aufgrund ihrer Modelle möglich ist – auch wenn das oftmals weder ihnen noch anderen deutlich wird.
- Die Absicht hinter jedem Verhalten eines Menschen ist positiv, ganz unabhängig davon, ob aus dem Verhalten (nach eigener oder fremder subjektiver Bewertung) Positives oder Negatives resultiert. Nicht diese positive Absicht aber ist das Entscheidende, sondern das Resultat des Verhaltens.
Deshalb ist es sinnvoll, wenn positive Absicht und Resultat nicht oder nicht mehr ausreichend übereinstimmen, solange sein Verhalten zu verändern, bis sie wieder hinreichend übereinstimmen. - Bei angestrebten Veränderungen ist zu beachten, dass sie ökologisch sein müssen, um sinnvoll zu sein. Damit ist gemeint, dass darauf geachtet werden muss, was die gewünschte Veränderung möglicherweise auch für negative Auswirkungen (entweder auf die Person selbst oder auf andere Menschen in ihrem sozialen Umfeld) haben könnte. Werden solche entdeckt, muss überlegt werden, wie das Veränderungsziel so verfeinert, erweitert und/oder abgewandelt werden kann, dass die negativen Konsequenzen nicht mehr oder nur noch in sehr geringem Maße auftreten.
- Der Mensch kann als ein psycho-physisches System mit einer unendlichen Anzahl von Systemkomponenten (im NLP Teile genannt), die sich alle gegenseitig beeinflussen, verstanden werden. Außerdem ist er als Teil in ein größeres System, seine Umwelt im weitesten Sinne, eingebunden, mit der er und alle seine Systemkomponenten ebenfalls in Wechselwirkung stehen. Um gewünschte Veränderungen zu erreichen, muss dieses Gesamtsystem (alle relevanten Systemkomponenten und die relevante Umwelt) weitmöglichst berücksichtigt werden.
- Für ein erfolgreiches Coaching ist eine wertschätzende, vertrauensvolle Beziehung, der sogenannte gute Rapport zwischen Coach und Coachee eine absolute Grundvoraussetzung.
- Wenn Menschen sich mit Hilfe der Methoden des NLP verändern, dann soll ihnen niemals etwas weggezaubert oder wegprogrammiert werden, vielmehr soll ihnen dabei geholfen werden, mit mehr Wahlmöglichkeiten und Optionen das Leben zu meistern. Es soll also gerade nicht programmiert werden, vielmehr sollen alte, starre Programme erkannt und auf Wunsch aufgelockert werden.
- Wenn eine bestimmte der obigen Grundannahmen sich nicht (mehr) als hilfreich erweist, ist es an der Zeit, sie zu hinterfragen, zu erweitern oder auch gänzlich zu verwerfen und durch eine sinnvollere zu ersetzen.
Im folgenden möchte ich auf zwei elementare Bereiche, die in den Grundannahmen des NLP enthalten sind, ausführlicher eingehen: zum einen auf die Repräsentationssysteme als die bewussten und damit auch selbst beeinflussbaren Bausteine kognitiver Modelle und auf das Thema Rapport und Beziehung:
Repräsentationssysteme
Da die kognitiven Modelle des Menschen seine Wirklichkeit repräsentieren, werden die bewusst wahrnehmbaren Bestandteile eines Modells im NLP Repräsentationssysteme genannt. Unterschieden werden zwei verschiedene, aber miteinander in Beziehung stehende Repräsentationsarten:
- 5 analoge (sensorisch-nonverbale) Repräsentationssysteme, die den 5 Modalitäten der Sinneswahrnehmung entsprechen und von denen jedes durch feine Unterscheidungen, die Submodalitäten, weiter differenziert werden kann
- ein digitales (sprachlich–verbales) Repräsentationssystem
Die analogen Repräsentationssysteme
Mit den 5 analogen (sensorischen) Repräsentationssystemen werden Ereignisse als Informationen wahrgenommen, kodiert, gespeichert und, teilweise im Zusammenwirken mit dem digitalen (sprachlichen) Repräsentationssystem, zu Modellen weiterverarbeitet.
Die drei im NLP wichtigsten Repräsentationssysteme sind
- das visuelle – Sehen
- das auditive – Hören
- das kinästhetische – Fühlen (taktil, motorisch und gefühlsmäßig).
In allen drei Fällen unterscheidet man
- externe Informationen, die sich auf die Wahrnehmung sogenannter realer Umweltereignisse beziehen, und
- interne Informationen, die sich auf Vorstellungen beziehen; bei diesen ist es oft zweckmäßig, zwischen einer erinnerten und einer konstruierten Vorstellung zu unterscheiden (erinnerte Vorstellungen bilden die externe Wirklichkeit i.a. genauer ab als konstruierte).
Submodalitäten
Unter Submodalitäten versteht man Feinunterscheidungen, die innerhalb jedes analogen Repräsentationssystems gemacht werden können, beispielsweise:
- im visuellen Bereich: dunkel oder hell, groß oder klein, scharf oder verschwommen
- im auditiven Bereich: hoch oder tief, laut oder leise
- im kinästhetischen Bereich: stark oder schwach, warm oder kalt
Mit Hilfe von Submodalitäten lassen sich Repräsentationen und kognitive Prozesse genauer beschreiben, analysieren und oftmals leichter zielgerichtet beeinflussen als unter bloßer Berücksichtigung der Repräsentationssysteme. Ihre Bedeutung wird an folgendem Beispiel klar: Wer sich sehr lebhaft und detailliert eine Spinne, die auf dem Boden herumläuft, innerlich groß und schnell auf sich zu bewegend vorstellt, wird vermutlich weitaus mehr Angst bekommen, als jemand, der sie sich klein und langsam in irgendeiner Ecke vorstellt.
Das digitale Repräsentationssystem
Das digitale (sprachliche) Repräsentationssystem bietet die Möglichkeit, Erfahrungen aus jedem sensorischen Repräsentationssystem (in Form eines inneren Dialoges) für sich selbst in einem einheitlichen System darzustellen, sie miteinander zu verknüpfen, zu bewerten, zu einer umfassenden individuellen „Landkarte“ der Wirklichkeit zusammenzufassen und darüber (ganz oder zum Teil) mit anderen Menschen zu kommunizieren. Es ist also in gewissem Sinne universal und den analogen Repräsentationssystemen übergeordnet. Da es sich hierbei aber um eine Sekundär-Repräsentation der ursprünglichen analogen Informationen (die nur noch im Kopf stattfindet) handelt, bringt das digitale Repräsentationssystem einen weiteren Realitätsverlust mit sich – so kann ein Vorstellungsbild z.B. niemals vollständig mit Sprache wiedergegeben werden.
Das primäre Repräsentationssystem
Die meisten Menschen entscheiden sich schon früh und meist unbewusst, ein bestimmtes Repräsentationssystem zu bevorzugen, in dem sie dann komplexere Erfahrungen machen, feinere Unterscheidungen treffen und lebendigere Vorstellungen erzeugen können als in den übrigen; dieses wird im NLP primäres Repräsentationssystem genannt. Wer allerdings nicht imstande ist, auch andere Repräsentationssysteme zu benutzen und das der jeweiligen Situation sinnvollste zu aktivieren, ist in seiner Welterfahrung und seinen Verhaltenswahlmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. NLP kann hier helfen, auch die wenig entwickelten Repräsentationssysteme zu schulen.
Ein Beispiel für die unangemessene Verwendung eines Repräsentationssystems ist der Versuch, ausschließlich mit Hilfe auditiver Erinnerung Worte richtig zu schreiben. („Meißtens klingt doch ganz gut – oder?“) Eine NLP-Intervention kann in diesem Fall darin bestehen, die visuelle Erinnerungsfähigkeit zu trainieren.
Rapport und Beziehung
Unter einem guten Rapport versteht man im NLP einen besonders guten, vertrauensvollen Kontakt zwischen zwei oder mehr Menschen. Ein guter Rapport ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgsversprechende Arbeitsbeziehung zwischen Coach und Coachee. Wenn in einem Coaching ein guter Rapport besteht, bedeutet das nicht automatisch, dass er für immer und ewig gut bleibt. Er muss also vom Coach stets im Auge behalten werden. Schwankungen in der Qualität des Rapports sind normal. Der NLP-Coach fühlt sich für die Güte des Rapports verantwortlich.
Ein guter Rapport kommt durch zwei ineinander greifende Prozesse zustande: Pacing und Leading, die ich hier nacheinander beschreiben möchte.
Pacing
kommt vom amerikanischen Wort „pace“: Schritthalten. Pacing meint eine über kürzer oder länger aufrechterhaltene, behutsame Angleichung an die verbalen und/oder nonverbaler Ausdrucksweisen des Gegenübers – ein sich in einigen Bereichen ähnlich (aber keineswegs möglichst gleich!) machen. Gewissermaßen lässt sich der Coach von seinem Coachee eine Zeit lang führen. Diese Form des Pacings führt (häufig sehr rasch, manchmal erst nach einer Weile) dazu, dass sich der Coachee angenommen und verstanden fühlt. Dabei basiert dieses Phänomen nicht etwa auf einer Illusion auf Seiten des Coachee. Vielmehr kann derjenige, der das Pacing ausübt, ihn tatsächlich besser verstehen, da er durch das Ähnlichmachen sowohl kognitiv als vor allem auch emotional viel über ihn erfährt; er wird ihm also Dank seiner Spiegelneuronen tatsächlich ein Stück weit ähnlich. Pacing dient damit also in sehr effizienter Weise sowohl dem Rapportaufbau als auch der Informationssammlung im Hinblick auf die Persönlichkeit des Coachee (jenseits der verbal artikulierten Faktenlage). Pacing bedeutet dem Gegenüber in dessen Welt zu begegnen, mit ihm Schritt zu halten, nicht zu schnell und nicht zu langsam zu sein.
Einige der vielen Pacing-Möglichkeiten sollen hier genannt werden
- Sich mit der eigenen Sprache der des Coachee angleichen: Das geht über eine ähnliche Wortwahl, über die Verwendung desselben primären Repräsentationssystems, über eine ähnliche Lautstärke und ein ähnliches Sprechtempo. Nicht gemeint ist damit das einfache inhaltliche „Nachbeten“ dessen, was der Coachee sagt.
- Die eigene Körpersprache der des Coachee angleichen: ähnliche, möglicherweise direkt gespiegelte Bewegungen machen, im selben Rhythmus atmen usw.
- Etwaige Sorgen und Nöte des Coachee als berechtigt ansehen und ihm gegenüber würdigen.
Während jedes guten Gespräches findet Pacing auf natürliche (unbewusste) Weise ganz von alleine statt; bewusst sollte es nur dort eingesetzt werden, wo die Kommunikation schwierig erscheint. Äußerst wichtig ist dabei, dass das Pacing nicht wie von einigen NLP-Anwendern und auch NLP-Kritikern als künstlich aufgesetzte, eher mechanische Technik missverstanden und eingesetzt wird. Sinnvollerweise sollte sich ein Coach also nur so weit ähnlich machen, wie es nicht im Widerspruch zu seinem Wohlergehen und wie es in den natürlichen Gesprächsfluss passt. Alles andere dürfte eher gegenteilige Wirkung haben.
Leading
kommt vom amerikanischen Wort „lead“: Führen. Ein Führen und Anleiten des Coachee in neue Richtungen ist erst sinnvoll möglich, wenn ein guter Rapport vorhanden ist. Dabei wird unter Leading im Coaching ausschließlich die Prozessbegleitung (z.B. Ziel- und Ressourcen fördernde Fragen) im Hinblick auf die Ziele des Coachee gemeint, nicht aber etwa ein Führen geleitet durch die ratschlaggebenden, inhaltlichen Lösungsideen oder schlimmer noch eigenen Interessen des Coaches!
Um zu prüfen, ob durch (bewusstes oder unbewusstes) Pacing wirklich Rapport erreicht werden konnte oder ob ein bereits vorhandener Rapport womöglich wieder verloren gegangen ist, kann das eigene Verhalten auf subtile Weise verändert werden: z.B. kann statt eines bis dahin nachgeahmten auditiven Aussagemusters jetzt ein visuelles benutzt werden oder bewusst eine andere Körperhaltung als die des Coachee eingenommen werden.
Folgt („paced“) jetzt der Coachee seinerseits dem Coach mit gleicher oder ähnlicher Veränderung, ist ausreichend Rapport vorhanden, um den Coachee im oben genannten Sinne zu führen. Folgt der Coachee nicht, ist ein erfolgreiches Führen seitens des Coaches noch nicht möglich – es muss dann weiter versucht werden, durch Pacing (in variierter Form) oder durch Ansprechen der vermuteten Rapportstörung den Rapport weiter zu verbessern.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Während der Pacing-Phasen wird Rapport aufgebaut; gleichzeitig lernt der Coach seinen Coachee dabei sehr facettenreich, gewissermaßen von innen heraus kennen. In den Leading-Phasen kann dann unter Einbeziehung von NLP-Methoden das eigentliche prozessorientierte Coaching stattfinden.
6. Analyse- und Lösungsstrategien
Bis zur Entwicklung einer erfolgreichen Lösungsstrategie verläuft ein idealtypischer NLP-Coachingprozess in 7 Phasen:
a. Auftragsklärung und Absprache der Rahmenbedingungen
Hier gibt es keine NLP eigenen Besonderheiten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Klarheit und Stimmigkeit der Absprachen.
b. Problemanalyse
Neben den üblichen Fragen im Bezug auf die äußeren Aspekte des Problems, also, was genau das Problem ist, wann und wo es aufgetreten ist, wer oder was es ausgelöst hat, wer alles beteiligt ist, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn es nicht gelöst wird etc. wird im NLP oftmals eine genaue Analyse der mit dem Problem verbundenen kognitiven Prozesse beim Coachee gemacht. Die Idee dahinter (die sich aus den NLP-Grundannahmen ergibt) ist, dass oftmals nicht die externen Faktoren das eigentliche bislang lösungsverhindernde Problem darstellen sondern dessen bisherige mentale Verarbeitung.
Hierbei sind dann zum einen sinnesspezifische Fragen hilfreich, die die genauen kognitiven Vorgänge innerhalb der einzelnen Repräsentationssysteme und Submodalitäten herausarbeiten helfen, z.B.:
- Was geht in Dir vor, wenn Du an das Problem bzw. einzelne seiner Teilaspekte denkst?
- Was siehst Du, was hörst Du, was spürst und fühlst Du dabei?
- Ist das, was Du siehst, eher groß oder klein, hell oder dunkel …?
- Ist das, was Du hörst, eher laut oder leise, in oder außerhalb von Dir …?
- Wie klingt Deine innere Stimme, wenn Du mit Dir selbst über das Problem sprichst?
Zum anderen werden die begleitenden sprachlich inhaltlichen Kognitionen des mehr oder weniger bewussten, das Problem begleitenden oder auch manifestierenden, inneren Dialoges herausgearbeitet, z.B.:
- Was sagst Du zu Dir selbst im Bezug auf das Problem?
- Was glaubst Du im Bezug auf das Problem?
- Was glaubst Du über Dich selbst im Bezug auf Deine Problemlösefähigkeit?
- Mit welchen Deiner Werte ist das Problem verknüpft?
- Was bedeutet dieses Problem für Deine Identität?
Insgesamt kann die Problemanalyse auf jeder Stufe der von Robert Dilts entwickelten „Logischen Ebenen der Veränderung“ stattfinden. Diese sich wechselseitig beeinflussenden Ebenen sind: Umwelt, Verhalten, Fähigkeiten, Werte und Überzeugungen (im NLP Glaubenssätze genannt), Identität und als oberste Stufe „Spiritualität“ (gemeint ist die Ebene, die Antwort auf die Frage gibt, was noch wichtiger und bedeutsamer als das eigene Ich ist).
Perspektivwechsel im Sinne des bereits von Paul Watzlawick beschriebenen Reframings spielen eine weitere wichtige Rolle, um ein vollständigeres Verständnis vom Problem zu entwickeln. Eine typische Frage hierfür ist:
- Welche Chance liegt darin, dass Du dieses Problem hast?
- Was wäre ohne dieses Problem niemals möglich geworden?
Neben all diesen, hier grob skizzierten, vom Coach stellbaren Fragen kann es zur weiteren Informationsgewinnung für den Coach und den Coachee gleichermaßen sehr sinnvoll sein, dass der Coachee sich bestmöglich sinnenhaft (nicht bloß rational!) in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer, relevant-beteiligter Personen im Bezug auf das Problem hineinversetzt. Diese intensive Art des Hineinversetzen wird im NLP „Assoziation“ in die 2. Wahrnehmungsposition genannt. Neben dieser mentalen Wahrnehmungsposition sind noch zwei weitere definiert, die je nach Problemlage alternativ oder zusätzlich empfohlen werden.
In der 3. Wahrnehmungsposition versucht der Coachee in einer Art „Dissoziation“ (=Abstandsposition) das Problem mit den Augen, den Gedanken und Gefühlen eines eher unbeteiligten, neutralen aber wohlgesonnenen Beobachters wahrzunehmen. Diese Position schafft vor allem emotionalen Abstand zum Problem, darüber hinaus oftmals zusätzliche Informationen und manchmal auch bereits spontan entdeckte Lösungsansätze.
In der 1. Wahrnehmungsposition ist der Coachee ganz in sich selbst assoziiert, und erlebt die Problematik mit alle seinen Sinnen, vor allem auch in seiner vollen Emotionalität. Diese Position kann hilfreich sein, wenn ein Coachee stark zu Rationalisierungen neigt, um die volle Tragweite und damit auch erst die Lösungsnotwendigkeit eines Problems zu erfassen.
Um seinen Coachee darin zu unterstützen, die verschiedenen Wahrnehmungspositionen einnehmen und auch wechseln zu können, hat der NLP-Coach ein großes Repertoire an verbalen und nonverbalen Möglichkeiten; u.a. kommen reale angeleitete räumliche Positionswechsel und Trance-Sprachmuster zum Einsatz. Auch hier gibt der Coach keinerlei eigene Inhalte vor, begleitet sprachlich lediglich den mentalen „Wanderungs-Prozess“ durch die einzelnen Wahrnehmungspositionen seines Coachee. Ob und welche Wahrnehmungspositionen er einnehmen will, entscheidet ausschließlich der Coachee selbst. Der Coach erklärt ihm allerdings an geeigneter Stelle die Bedeutung und die Möglichkeiten dieser Positionen und kann ihm auch Vorschläge machen.
c. Zieldefinition und Zielkonkretisierung
In manchen Fällen entsteht während einer gründlichen Problemanalyse im Coachee bereits ein derart geeigneter „Lösungsraum“, das sich eine weitere intensive Ziel-Beschäftigung mit Unterstützung des Coaches erübrigt. In diesem Fall kann je nach Wunsch des Klienten das Coaching bereits beendet werden, bzw. erst bei eventuell später auftretenden Schwierigkeiten fortgesetzt werden oder aber nach kurzer Nennung des Ziels mitsamt der bereits vorhandenen Umsetzungsideen mit dem nächsten Punkt fortgefahren werden.
In den meisten Fällen erscheint aber eine genaue Zieldefinition und Zielkonkretisierung sinnvoll. Ein Ziel ist hier zunächst definiert als die Antwort auf die Frage: Was willst Du statt des Problems? Damit ein Ziel eine realistische Chance hat erreicht zu werden, erscheinen im NLP folgende sog. Wohlgeformtheits-Kriterien als relevant:
- positiv formuliert (also ohne direkte oder versteckte Negation, damit das kognitive System vom Coachee weiß, in welche Richtung es sich tatsächlich orientieren soll und nicht bloß Informationen darüber erhält, wovon es sich entfernen soll)
- potentiell selbst erreichbar (also nicht ausschließlich von anderen abhängig)
- die ersten Schritte in kurzer Zeit erreichbar
- sinnesspezifisch konkret formuliert und kontextualisiert (vor allem im Bezug auf die ersten Schritte)
- mit sinnesbezogener, eindeutiger Zielerkennung
Die wichtigsten während der Zieldefinition und Zielkonkretisierung eingesetzten Fragen, die dem Coachee dabei helfen, sein Ziel wohlgeformt zu definieren, habe ich bereits im Abschnitt unter „Typische Fragestellungen“ (s.o) aufgeführt. Insgesamt gilt: je gründlicher und sinnenhafter die Zieldefinition gemacht wird, desto größer sind die Chancen einer erfolgreichen Problem-Lösung bzw. Zielerreichung. Während des Zielkonkretisierungsprozesses entwickelt sich die kognitive „Landkarte“ des Coachee allmählich immer weiter weg von den Problem aufrechterhaltenden Inhalten hin zu einem Art mentalen „Regiebuch“, das alle notwendigen Schritte zur Zielerreichung enthält. Ein derartiger Zielfindungsprozess kann auch bei vermeintlich kleineren Problemen locker eine Stunde in Anspruch nehmen.
d. Überprüfung der Ökologie
Um die Ökologie des gewünschten Ziels, also die zunächst nicht bedachten eventuell auch negativen Nebenwirkungen (entweder auf die Person selbst oder auf andere Menschen in ihrem sozialen Umfeld) bei der Zielerreichung zu überprüfen werden typischerweise folgende Fragen gestellt:
- Welche Vorteile hat es, Dein Ziel nicht zu erreichen?
- Welche Nachteile hat es, Dein Ziel zu erreichen?
Neben der gründlichen rationalen Beantwortung dieser Fragen wird im NLP viel Wert darauf gelegt, sie ebenso gründlich auch emotional zu beantworten. So soll verhindert werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt auf emotionaler Ebene ungewollte und unvorhergesehene Zielverhinderungs-Mechanismen zu wirken beginnen. Eine der hierbei hilfreichen Frage sei hier exemplarisch erwähnt:
Wenn Du dir die Zielerreichung und auch all die anderen Beteiligten in diesem Zusammenhang ganz genau vorstellst, wie fühlt sich das für Dich an? Spürst Du noch irgendwo oder irgendwie einen Einwand oder Bedenken, selbst wenn Du gar nicht genau weißt wieso?
Bei der Überprüfung der Ökologie kann es genauso wie bei der Problemanalyse hilfreich sein, sich nacheinander in die drei verschiedenen Wahrnehmungspositionen zu begeben, um die angedachte Zielerreichung (=Problemlösung) aus den unterschiedlichsten Perspektiven, vor allem auch aus den Perspektiven aller relevant beteiligter Personen zu erleben.
Ergeben sich beim Ökologie-Test Bedenken, was meistens der Fall ist, so gilt es mit ihnen zurück in den Zielfindungs-Prozess zu gehen, um das Ziel solange weiter zu verfeinern oder auch zu modifizieren, bis beim erneuten Ökologie-Test keine bedeutsamen Bedenken mehr vorhanden sind. Auch ein gründlicher Ökologie-Test kann gut und gerne eine Stunde dauern.
e. Ressourcenanalyse
Nach einer gelungenen Zielkonkretisierung, bei der auch die etwaigen ökologischen Bedenken berücksichtigt wurden, ist für den Coachee der „Lösungsraum“ in vielen Fällen so gut vorbereitet, dass auf die weiteren Schritte verzichtet werden und das Coaching zumindest vorerst beendet werden kann. Wieder entscheidet der Coachee. Wenn die Lösung für ihn noch nicht greifbar genug erscheint, unterstützt ihn der Coach mit Fragen, die die noch fehlenden Ressourcen ermitteln helfen. Standardfragen hierzu lauten:
- Was brauchst Du alles noch, um Dein Ziel erreichen zu können?
- Welche Informationen?
- Welche Art von Ideen?
- Welche unterstützenden Emotionen?
- Welche unterstützenden Glaubenssätze?
f. Ressourcenaktivierung
Bei der Ressourcenaktivierung geht es dann weiter mit der Frage, wie der Coachee an die, im vorausgegangen Schritt definierten Ressourcen gelangen bzw. wie er sie aktivieren kann. Wieder kann der Coach seinen Coachee zunächst mit entsprechenden Fragen unterstützen. Zusätzlich kann er, falls dem Coachee selbst keine adäquaten Möglichkeiten einfallen, aus dem breiten NLP-Methodenkoffer Ressourcen aktivierende Methoden und Techniken anbieten. Diese Methoden greifen vor allem, wenn es darum geht unterstützende Emotionen zu aktivieren, zu denen der Coachee aus sich heraus keinen Zugang findet. Oder wenn noch vor den ersten Schritten zur Zielerreichung, ein innerer Konflikt auf Werteebene gelöst werden muss. Oder wenn der Coachee zuvor noch einschränkende Glaubenssätze auflösen und unterstützende neue Glaubenssätze wirklicher werden lassen möchte.
Hier kann nun der Coach seinem Coachee für einen begrenzten Zeitraum im Sinne Bandlers beibringen, wie er sein eigenes Gehirn für gewünschte Veränderungsprozesse sinnvoll nutzen kann. (Der Coach wird in dieser Zeit gewissermaßen zum Lehrer bzw. Trainer seinen Coachee.) Aber auch hier bestimmt den Inhalt der Coachee komplett selbst. Der Coach nutzt die im NLP teilweise von anderen modellierten und teilweise selbst entwickelten Möglichkeiten von Trance-Sprache, Submodalitätsveränderungen, Wechsel der Wahrnehmungspositionen, Anker, Kreativitätstechniken etc., um seinen Coachee beim Zugänglichmachen der gewünschten Ressourcen bestmöglich zu unterstützen.
Die ausführlichere Darstellung auch nur einiger der hierfür vorhandenen Möglichkeiten des NLP würde leider den Rahmen dieses Aufsatzes bei weitem sprengen. Wichtig ist mir aber noch anzumerken, dass keine dieser Techniken dem Coachee eine fertige, kochrezeptartige Lösung vor gibt, vielmehr sind sie so strukturiert, dass der Coachee letztlich seine eigene individuelle Zugangsweise zu den gewünschten Ressourcen findet. In manchen Fällen kann es alternativ oder im Anschluss auch sinnvoll sein, einem Coachee in der Methodik des Modeling zu unterrichten, damit er sich selbst geeignete Modelle suchen und von ihnen lernen kann.
g. Mentale Erprobung der Lösungsstrategie
Zum Abschluss eines Coachings leitet der Coach seinen Coachee noch dazu an, sich die einzelnen Schritte zur Zielerreichung wie in einer Art Mentaltraining ausführlich mit allen Sinnen vorzustellen. Diese Vorgehen, dass im NLP auch als „Future Pacing“ bezeichnet wird, unterstützt der Coach häufig durch ausschließlich prozessbegleitende Trancesprachmuster. Das Future Pacing erfüllt dabei einen doppelten Zweck:
Zum einen werden die einzelnen Lösungsschritte bis zur Zielerreichung mental trainiert, was eine erfolgreiche Umsetzung wahrscheinlicher macht. (Das mentale „Regiebuch“ wird gewissermaßen deutlicher und besser lesbar.)
Zum anderen können so im Vorfeld bereits etwaige „Stolpersteine“ auf dem Weg zur Zielerreichung erkannt werden. Für diese Stolpersteine kann dann ggf. noch eine weitere Zielverfeinerung samt Ressourcenaktivierung gemacht werden.
7. Einsatz innerhalb anderer Coachingschulen
Typische Einsatzmöglichkeiten für das NLP im Coaching anderer Schulen gibt es nicht wirklich, da es sich ja als eigenständiges und vollständiges Coaching-Verfahren versteht. Besondere Stärken des NLP sehe ich vor allem in vier Bereichen:
- Die weit elaborierten und trainierten Fähigkeiten mit sehr unterschiedlichen Coachee einen guten Rapport aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
- Die Möglichkeiten der erweiterten Wahrnehmungsperspektive durch das intensive Einnehmen der verschiedenen mentalen Wahrnehmungspositionen bei der Problemanalyse.
- Die umfassende Berücksichtigung der Ökologie bei der Zieldefinition.
- Die hervorragenden Möglichkeiten emotionale Ressourcen aktivieren und innere Konflikte lösen zu helfen.
Insgesamt erscheint mir das NLP als eigenständiges Coaching-Verfahren ebenso sinnvoll und wertvoll zu sein wie als Ergänzungsverfahren zur Einbettung in andere Coachingkonzepte, soweit sie mit den konstruktivistischen Grundannahmen des NLP kompatibel sind, und zwar vor allem für Fälle, in denen Emotionen (sei es nun einschränkende oder zu fördernde) eine größere Rolle spielen.
NLP ist im Coaching inzwischen sehr weit verbreitet. Neben den NLP originären Coachingausbildungen sind einzelne NLP-Elemente auch in vielen anderen Coachingausbildungen fester Bestandteil des Ausbildungscurriculums.
8. Kritik
Die Kritik am NLP richtet auch heute noch vor allem auf drei Punkte, die ich in meiner Dissertation bereits 1992 wie folgt zusammengefasst hatte:
- Die NLP-Theorie ist lückenhaft und z.T. wissenschaftlich nicht haltbar; sie stützt sich auf frühere Theorien, die ihrerseits teilweise überholt bzw. korrekturbedürftig sind, und verwendet deren Elemente nicht durchweg in adäquater Weise.
- Die NLP-Techniken sind zum großen Teil anderen Therapie-Methoden entnommen und in der angewendeten Form z.T. anfechtbar; die behauptete durchgreifende Wirkung ist nicht genügend belegt.
- Das NLP-Modell weist Widersprüche auf und beinhaltet Gefahren.
In meiner Dissertation habe ich mich ausführlich mit den genannten Kritikpunkten auseinandergesetzt, wobei ich den Kritikern in etlichen Punkten zustimmte, aber auch vieles widerlegen konnte.
Für den Bereich NLP im Coaching gibt es meines Wissens bislang keine nennenswerte Forschung. Für den Bereich Therapie und NLP im Allgemeinen hat sich in den 17 Jahren seit der Veröffentlichung meiner Dissertation aber vieles, u.a. folgendes getan:
- Robert Dilts und Judith DeLozier haben die „Encyclopedia of Systemic Neuro-Linguistic Programming and NLP New Coding“ herausgebracht.
- Zahlreiche Forschungsarbeiten haben die Wirksamkeit von einzelnen Elementen des NLP bestätigt.
- In Österreich hat die Neuro-Linguistische Psychotherapie auf Basis eines stimmigen theoretischen Konzeptes und nachgewiesener Wirksamkeit ihre staatliche Anerkennung bekommen.
Mit zwei meiner Kritikpunkte aus heutiger Sicht möchte ich abschließen:
- NLP versteht sich als sehr weltoffenes, sich ständig weiterentwickelndes Modell, immer auf der Suche nach allem, was Menschen darin unterstützen kann, ihre Ziele in guter Form zu erreichen. Hierin liegt sicherlich auch eine der erfrischenden Stärken des NLP. Da hierdurch aber auch kaum eine klar definierte Abgrenzung zu anderen Methoden stattgefunden hat und längst nicht jeder NLP-Vertreter sich ausführlich mit dessen Grundlagen beschäftigt hat, ist der Weg in eine gewisse Beliebigkeit des NLP offen. Manche NLP-Vertreter, gerade auch im deutschsprachigen Raum, definieren NLP dann auch sehr simpel und wie ich finde arrogant mit „NLP ist alles was hilft und alles was hilft ist NLP!“ oder gehen dann in der Praxis noch weiter im Sinne eines „Alles, was helfen könnte, oder alles, was mir gefällt ist NLP!“ Mir ist keine andere Disziplin bekannt, in der so extrem unterschiedliche Verständnisse sich des gleichen Namens bedienen wie das im NLP der Fall ist. Das macht die NLP-Szene ebenso bunt und vielseitig wie schwer durchschaubar und letztendlich auch nicht wirklich einschätzbar – übrigens nicht einmal für die etablierten NLP-Anwender selbst.
- Noch immer können auch seitens des Deutschen Verbandes für Neuro-Linguistisches Programmieren NLP-Ausbildungen in 18 tägigen Crashkursen (am Stück) abgehalten werden. Ein derartiger Kurs kann vielleicht für manche Menschen ein positiver Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung sein, mit Sicherheit aber keine seriöse Ausbildung, die die Grundlage dafür bildet, hinterher professionell und verantwortungsvoll mit und für andere Menschen zu arbeiten. (Wer NLP dagegen lediglich als Ergänzungsverfahren zu einem anderen gründlich erlernten Hauptverfahren nutzen möchte, kann sicherlich auch an einem derartigen Crashkurs auf seine Kosten kommen.)
Trotz der verschiedenen von mir hier und zu Beginn meines Aufsatzes aufgezeigten Kritikpunkte am NLP und manch seiner Vertreter halte ich das NLP, so wie ich es hier skizziert habe, für ein sehr differenziertes, ausgereiftes, erfolgreiches und ethisch anständiges Coachingverfahren, dem ich eine weite Verbreitung wünsche.
9. Literaturhinweise
Dilts, Robert (2005): Professionelles Coaching mit NLP. Junfermann Verlag, Paderborn.
O’Connor, Joseph & Lages, Andrea (2008): Coaching-Erfolg mit NLP. VAK-Verlag, Freiburg.
Schmidt-Tanger, Martina (1998): Veränderungscoaching: Kompetent verändern. NLP im Changemanagement, im Einzel- und Teamcoaching. Junfermann Verlag, Paderborn.
Schmidt-Tanger, Martina (2004): Gekonnt coachen: Präzision und Provokation im Coaching. Junfermann Verlag, Paderborn.
Stahl, Thies (2000): NLP Kompakt. active-books. Junfermann Verlag, Paderborn (z.Z. kostenloser Download unter www.active-books.de)
Weerth, Rupprecht (1992): NLP & Imagination. Grundannahmen, Methoden, Möglichkeiten und Grenzen. Junfermann Verlag, Paderborn.
*) Der hier für die Homepage leicht überarbeitete Artikel erschien zunächst in:
Rolf Meier & Axel Janßen: CoachAusbildung: Ein strategisches Curriculum. Verlag Wissenschaft und Praxis 2010